Aus der älteren Ortsgeschichte

V i s s u m     Aus der älteren Ortsgeschichte
 
Das Dorf Vissum wurde 1289 das erste Mal urkundlich genannt.
Die Urkunde von 1289 ist keine Gründungsurkunde. Der Ort ist ganz sicher sehr viel älter und 
Gründungsurkunden gibt es von altmärkischen Dörfern aus älteren Zeiten nicht. Die ersten 
Erwähnungen unserer Orte sind eigentlich zufällige Nennungen, die anläßlich von 
Besitzstreitigkeiten oder Klärung und Schlichtung solcher urkundlich festgehalten wurden.
Eine Familie gleichen Namens (Vissem) wird bereits 1285 genannt, was 
die frühere Existenz des Ortes beweist, da sich viele Familien nach dem Ort ihrer Herkunft 
nannten. In der Zeit des Feudalismus im hohen Nittelalter, in die die erste Erwähnung des Ortes 
Vissum fällt, herschte eine strenge hierarchische Ordnung, die einer Pyramide gleicht.
Ganz oben saßen Kaiser und Könige, darunter die Kirche mit ihren Würdenträger als Vertreter der 
feudalen Ideologie, darunter der weltliche Adel, hierunter die besitzenden Schichten des Stadt- 
bürgertums und die Handwerker, ganz unten - rechtlich beschnitten - die Bauern, die damals den 
zahlenmäßig weit überwiegenden Teil der Bevölkerung bildeten. All diese Klassen waren noch in sich 
stark differenziert, worauf eizugehen jedoch hier nicht der Platz ist.
Die Bauern waren zu dieser Zeit nicht Eigentümer ihrer Höfe und ihres Landes. Beides gehörte einem 
Grundherren, der immer ein Vertreter der Klassen war, die in der genannten Hierarchiepyramide 
über den Bauern standen.
In unserem Fall gehörte Dorf und Feldman oder aber auch nur ein Teil derselben -wir wissen es nicht 
genau- einem Ritter Arnold von Bodenstedt. Dieser überschrieb einen Teil seines Besitzes 1289 
seiner Tochter auf Lebenszeit zu ihrem Unterhalt, als sie Nonne im Kloster Arendsee wurde.
Es war unter dem Adel üblich, den Besitz auf möglich wenige Kinder zu vererben, um diesen nicht zu 
versplittern. Die jüngeren Kinder wurden deshalb oft in Klöster geschickt. Aber auch hier mußte 
ihnen möglichst eine lebenslange Rente mitgegeben werden oder das Kloster wurde mit Feudalabgaben 
abgefunden. Auf diese Art und Weise gelangten viele Klöster im Verlauf der Jahrhunderte zu 
umfangreichen Besitzungen, auch das Kloster Arendsee.
Die Tochter Mechthild des Arnold von Bodenstedt erhielt nicht näher genannte Abgaben und Leistungen 
bäuerlicher Untertanen aus Vissum, allerdings nur lebenslang, mit in das Kloster Arendsee.
In der Urkunde von 1289 wird verfügt, daß der Besitz nach ihrem Ableben an ihre Brüder zurückfallen müsse.
 
 

Die Urkunde vom Jahr 1289 aus dem Lateinischen übersetzt

Im Namen des Herren, Amen.


Damit nicht das, was zu einer Zeit verhandelt wird, auch mit dieser Zeit verschwindet und vergeht,
muß es durch schriftliche Festlegung und Aufführen von Zeugen fortdauernde Gültikeit erhaltn.
Deswegen sei allen jetzt und künftig kundgetan:
Ich, Ritter Arnold, genannt von Bodenstedt, habe der Kirche und dem Kloster in Arendsee zusammen
mit meiner Tochter Mechthild,
die sich selbst freiwillig und aus eigenem Antrieb dem Herrn Jesus Christus übergibt, als
Gegenleistung (für ihren Lebensunterhalt und ihre Bekleidung im Kloster) drei Chor in dem Dorfe
Rademin mit all den Rechten übergeben, wie ich selbst sie bis zum heutigen Tage besessen habe.
Außerdem habe ich für meine Tochter einen Chor in dem Dorfe Vissum ausgesetzt.
Er soll, solange sie lebt ihr freier Besitz sein, nach ihrem Heimgang aber an ihre Brüder zurückfallen.
Sollte obige Kirche das Eigentumsrecht der Güter in Rademin erwerben wollen, bin ich nicht befugt,
jene Kirche daran zu hindern.
Dasselbe gilt für meine Söhne und jedes Familienmitglied. Es heißt dann, den Besitz jener Güter
gutwillig abzugeben.
Wenn aber die benannte Kirche das Besitzrecht nicht zu erwerben vermag und jene Güter einem
verkaufen will, der unseres Standes ist und unserer Befehlsgewalt nicht unterstehen will,
dann gilt es, eben- so wie oben, der Güter zu entsagen.
Wenn aber diese Güter von obiger Kirche jemanden verkauft werden, der mit diesen Gütern uns
zinspflichtig sein will, müssen wir ihm die Güter übertragen oder zugestehen, wobei jede
Dienstleistung aufgegeben und aufgehoben wird.
Damit nun bei Niemandem später ein Zweifel über die Bedingungen aufkommt, habe ich in Ermangelung
eines eigenen Siegels das vorliegende, hier geschriebene Blatt mit den Siegeln der Herren Werner
von der Schulenburg, meines Bruders Heinrich und Henning von Schartau zu einer beweiskräftigen Urkunde gemacht.
Zeugen dieses Geschehens sind die Herrn Siegfried von Wallstawe, Johannes von Krug, Werner von der
Schulenburg, Henning von Schartau, Heinrich von Bodenstedt, mein Bruder und Johannes von
Bodenstedt, mein Verwandter: außerdem noch eine Menge anderer Vertrauenswürdiger. Gegeben und
vollzogen im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1289 am Tage nach dem seligen Johannes Baptistes
(14.August).